dieser beitrag wurde verfasst in: deutsch (ger/deu/de)
künstler (in grau: assistent/in): Max Lingner, VEB Staatliche Porzellan-Manufaktur Meissen
titel: Aufbau der Republik (Die Bedeutung des Friedens für die kulturelle Entwicklung der Menschheit und die Notwendigkeit des kämpferischen Einsatzes für ihn)
jahr: 1952–53
+: Malerei auf Porzellan, 300 x 2400 cm
Auftraggeber: Ministerium für Aufbau
«Max Lingners Wandbild am Haus der Ministerien in Berlin, dem ehemaligen Reichsluftfahrtministerium der Nationalsozialisten, ist zweifellos eines der wichtigsten Auftragswerke in der frühen DDR. Die SED mußte, da das Gebäude seit 1949 Sitz der Regierung war, dem eindeutig ideologisch besetzten Ort eine neue Deutung geben. So kam es im August 1950 zu einem Wettbewerb, den Lingner für sich entscheiden konnte.
Gegen Lingners ersten Entwurf hatte Otto Grotewohl schwerwiegende politische und ästhetische Einwände. Lingner mußte seinen Entwurf mehrfach ändern und erst mit der sechsten Überarbeitung war Grotewohl dann endlich zufrieden.
Die Entstehung des Wandbildes fällt in die Zeit der Formalismus-Diskussion. Auch Max Lingner wurde angegriffen. In einer beispiellosen Selbstanklage verteidigt er sich in einem Brief an Walter Ulbricht vom 16. März 1951: "Ich habe nun meine seit meiner Rückkehr nach Deutschland geschaffenen Arbeiten geprüft und habe feststellen müssen, daß die Vorwürfe zu Recht erhoben wurden. Denkfaulheit, ungenügendes Anpassungsvermögen an eine durch 24-jährige Abwesenheit fremd gewordene Umwelt und ein gewisses Ausruhen auf alten Lorbeeren waren die Ursachen."
Lingner selbst war mit dem fertigen Wandbild unzufrieden. Die Vergrößerung des Entwurfs und die Übertragung auf die Kacheln hatte er aus der Hand geben müssen. Trotz der Erfahrungen, die er bei der Ausführung des Auftrages mit dem Staatsapparat gemacht hatte, blieb er gegenüber der DDR loyal.» (aus: Deutsches historisches Museum, Onlinearchiv)
«Insgesamt wurde Lingners Bild als 'Ausweg aus dem Formalismus' begriffen, obwohl der Maler später selbst vermerkte, dass weder er noch die Auftraggeber mit dem Werk zufrieden gewesen seien. Lingner hatte zwar eine behutsame Charakterisierung der handelnden Personen versucht, musste aber zwangsläufig in Typisierungen verfallen. Auch die in Pastelltönen gelöste Farbigkeit konnte die Wucht des Bildes nicht abmildern. Der Widerspruch lag in der Sache selbst. Lebensfreude liess sich nicht monumentalisieren, aber genau das war das Anliegen des Bildes. Es ist von vielen Autoren auf die aussergewöhnlich schlechte strukturelle Einbindung des Werkes in der Pfeilerhalle des Gebäudes hingewiesen worden. Obwohl dies zutrifft, kann man aber andererseits sagen, dass die Segmentierung des Bildes durch die Pfeiler fast noch reizvolle, am ehesten menschlich dimensionierte Detailansichten ermöglicht. In seiner Gesamtheit gesehen wirkt die Freude wie ein verkündeter Befehl.» (Guth 1995, S. 100—101)