dieser beitrag wurde verfasst in: deutsch (ger/deu/de)
verfasserin/verfasser: Katharina Medici-Mall
titel: Im Durcheinandertal der Stile : Architektur und Kunst im Urteil von Peter Meyer (1894-1984)
isbn: 3-7643-5825-4
+: Basel 1998
«Von Gott weg in das geniale Ich, das war Sedlmayrs Verlust der Mitte. Er beklagte darin den Verlust der Bindung an die Religion, die er wieder rückgängig machen wollte. […] Zwar war das Unbehagen am l'art pour l'art auch für P.M. ein zentrales Thema. Aber am Ende der vierziger Jahre begann P.M. im Gegensatz zu Sedlmayr den leeren Thron nicht mehr als verwaist zu sehen, sondern anstatt mit Gott mit der Technik besetzt.» (S. 96)
«Seit die Wissenschaft sich immer mehr ins Unanschauliche und Undarstellbare entwickelt hatte, tauchten für die Kunst, so P.M., die fundamentalen Probleme auf. Sein Fazit daraus war zugleich sein Credo, dass Kunst und Wissenschaft zwei getrennte, einander zutiefst fremde Welten sind und es auch bleiben müssen. Er stellte sich somit bewusst in Gegensatz zur Technik-Euphorie seiner Zeitgenossen: 'In den zwanziger Jahren waren viele vom totalen Sieg der technische Formen überzeugt. Sollte es dazu kommen, so wäre die Kunstgeschichte, und mit ihr die Kulturgeschichte, zu Ende; denn eine integral technisch-materialistische Welt ist in ihrem Wesen grundsätzlich geschichtslos, ihr entspricht im politischen Feld das tausendjährige Reich des totalen Staates, gegründet auf die bare Macht und die materiell-wirtschaftlichen Gegebenheiten.'» (S. 97–98)
«Im Laufe seines Lebens scheint [Oswald] Spenglers Vorstellung von Zivilisation jedoch zunehmend Macht über den alternden Kunstkritiker P.M. gewonnen zu haben. Auf sein entsagungsvolles Fazit von 1969 haben wir bereits hingewiesen: 'Vielleicht steht eine Zeit bevor, in der die Künste keine grosse Rolle spielen, es steht nirgends geschrieben, dass es zu allen Zeiten Kunst geben müsse – und schon gar nicht einen Leerlauf wie den heutigen Kunstbetrieb.» (S. 99)