dieser beitrag wurde verfasst in: deutsch (ger/deu/de)
künstler: Ernst Ludwig Kirchner
titel: Wandgemälde
jahr: 1916
adresse: Sanatorium Kohnstamm, Brunnenturm (Treppenhaus), Königstein, Deutschland
+: Secco-Malerei: Leimfarben mit punischem Wachs, Höhe: 229–240 cm. Nach 1933 zerstört
«Als Ernst Ludwig Kirchner bereits zehn Jahre zuvor im Sanatorium Kohnstamm in Königstein seine umfassende Raumgestaltung des Treppenhauses im sog. Brunnenhaus umsetzte, spielte ebenfalls ein heilender Aspekt eine Rolle. […] In diesem Falle schien der Leiter des Sanatoriums, Oskar Kohnstamm, Kirchner diesen Raum als therapeutische Maßnahme überlassen zu haben. Kirchner selbst hatte immer von einem Auftrag gesprochen, Meike Hofmann konnte jedoch anschaulich belegen, dass Kohnstamm nicht nur bei Kirchner so verfuhr, sondern beispielsweise auch dem Dirigenten Otto Klemperer einen Proberaum zur Verfügung stellte und ihn aufforderte, mit anderen Patienten ein Konzert zu geben. Ihm galt nicht das fertige Kunstwerk als therapeutisches ZieL wie es Sigmund Freud für seinen psychoanalytischen Ansatz nutzte, sondern seines Erachtens lag im Prozess des MaIens selbst das entscheidende heilende Potenzial für einen Patienten wie Kirchner. Dieser hatte hier erstmals die Möglichkeit, eine umfassende 'echte' Wandmalerei zu realisieren, und arbeitete mit besonderem Eifer daran. In Anlehnung an zahlreiche Sommeraufenthalte auf Fehmarn stellte Kirchner auf allen zur Verfügung stehenden Wandflächen Badeszenen und verschiedene Strand- und Uferlandschaften dar. Die Wandmalerei wurde zwar von den wandgliedernden Pilastern des Raumes unterteilt, Kirchner legte seine Komposition aber fortlaufend an, sodass sie hinter den Pilastern weitergedacht werden kann. Mit diesen expressionistischen Badeszenen nahm er sowohl motivisch Bezug auf den Brunnenturm und die sich hier befindenden Baderäume als auch kompositorisch auf den Raum, aus dessen architektonischen Elementen er seine Komposition entwickelte.» (Schuler 2017, S. 205–206)