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Wandbildkunst in Zürich: ein Rundgang «von Gottfried Semper bis Gottfried Honegger»
von Alex Winiger, November 2017
Zürich besitzt einiges an preziöser Monumentalkunst und Gebäudedekoration. Vieles tritt nicht zusammenhängend oder nur diskret in Erscheinung. Dieser Rundgang möchte zu ein paar Entdeckungen verleiten, die zur Wertschätzung dieser „Kunst im öffentlichen Raum“ beitragen können.
Bürgerliche Selbstdarstellung in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts
Nordfassade des Eidgenössischen Polytechnikums, Tannenstrasse (Universitätsviertel): Gottfried Semper empfiehlt den Zürchern eine Herrschaft der Gelehrten
Die Sgraffitofassade der ETH Zürich lehrt die Zürcher, ihr Heil in der Führung durch die Grossen der Wissenschaft und Kunst zu suchen. (Der steckbrieflich ausgeschriebene Revolutionär Semper vermisste in Zürich vermutlich zuweilen die monarchische Kunstpatronage, die grosszügige Dekorationsprogramme ermöglichte.) Angelehnt an Palazzodekorationen der italienischen Renaissance, verweist die Zeichnung sowohl auf die im Gebäude ausgeübte Profession (des Entwerfens und der Naturwissenschaften) als auch auf die (Führungs-)Rolle einer akademischen Elite im bürgerlichen Staat.
Villa Patumbah, Zollikerstrasse 128 (Riesbach): Reichtum aus den Kolonien an Zürichs Goldküste
Die Villa des kolonialen Tabakplantagenbesitzers Karl Fürchtegott Grob galt zum Zeitpunkt ihrer Errichtung 1885 als die Perle unter den Zürcher Villen und ist es heute wieder, dank einem umfassenden Restaurierungsprogramm, das 2010 bis 2013 durchgeführt wurde. Bemalungen des Äussern und im Innern sind grossbürgerliche State of the Art der Belle Epoque. Erfahrene und gesuchte Kunsthandwerker der Zeit wie Antonio De Grada, die Dekorationsmaler Witt & Ott, der Glasmaler Adolf Kreuzer sowie weitere Künstler statteten das Haus und den Park sowie Nebengebäude unter der Regie der Architekten Chiodera & Tschudi prächtig aus. Neben dekorativen architektonischen und Pflanzenelementen sind Allegorien und exotische Szenerien dargestellt.
Tonhalle, Claridenstrasse 7 (Enge): ein 'customized product'
Wer durch das Wiener Büro Fellner & Hellmer ein Konzerthaus erstellen liess, konnte sich darauf verlassen, dass Bauzeit und Kosten eingehalten wurden. Er erhielt ein Produkt, das internationalen Standards punkto Brandsicherheit genügte. Mitgeliefert wurde die Dekoration durch büroeigene Ausstatter und Künstler. Die Repräsentation wurde selbstverständlich an die Bedürfnisse des Auftraggebers adaptiert. In Zürich geschah dies durch die Darstellung regionalen Brauchtums neben gängigen Allegorien der Kunst.
Sakrale Monumentalkunst
Liebfrauenkirche, Weinbergstrasse 34 / Zehnderweg 9 (Universitätsviertel); Antonskirche, Neptunstrasse 68—70 (Hottingen)
Zwei der bedeutensten bildnerischen Monumentalwerke des Jugendstil haben die Katholiken Zürich gestiftet. Sie stammen beide vom selben Künstler – Fritz Kunz aus Einsiedeln – und tragen zu einer ganz unzürcherischen Prachtentfaltung der betreffenden Kirchen bei.
Maria Lourdes, Höhenring/Seebacherstrasse 3 (Seebach); St. Theresia, Borrweg 80 (Wiedikon)
Der zweite herausragende Kirchenmaler in Zürich heisst Richard Seewald. Seine existentiell berührenden Werke (insbesondere die starke Arbeit in Zürich-Seebach von 1941) zeugen vom Schrecken und der Demut der Menschen angesichts des Kriegs.
Kunst in der Opposition
Schweizerisches Landesmuseum, Museumstrasse 2 (Altstadt / Industriequartier): Aufruhr um Hodlers blutende Recken
Im engeren Sinne ist dies das erste architekturgerechte, flächig-monumental auf Distanz wirkende moderne Wandgemälde in Zürich. Es wurde von Zeitgenossen um 1900 (inklusive dem damaligen Museumsdirektoren) als derart roh und (historisch) unkorrekt empfunden, dass der Bundesrat in corpore erscheinen musste, um seine Realisierung durchzusetzen. Leider konnte Ferdinand Hodler sein Gegenstück im Waffensaal (kontrastierend zur Darstellung der Niederlage von Marignano ein Bezug auf die für die Eidgenossenschaft ruhmreichen Burgunderkriege) nicht realisieren. Auch Hans Sandreuters Mosaikzyklus an der Hoffassade blieb unvollendet und wird heute durch eine Arbeit von Mario Sala mehr bekämpft als ergänzt.
Karl Mosers experimentelles Programm für die Universität, Rämistrasse 71 (Universitätsviertel)
Ein etwas verschworener Zirkel junger Künstler malte im Direktauftrag des Architekten Karl Moser 1914 praktisch frei direkt auf die Wände der Korridore und verschiedener Dozentenzimmer zarte, teils kippende und liegende Gestalten mit noch zarteren Pflanzen, rätselhafte Wesen und Szenerien, die sofort wüstesten Widerstand und eine Riesenaufruhr bei der Dozentenschaft und in der Presse provozierten. Paul Bodmer musste daraufhin, so heisst es, seine Korridorausmalungen eigenhändig überstreichen.
Einzelne Werke überstanden den Sturm, andere wurden sehr viel später wieder zum Vorschein gebracht. In den 1930er-Jahren wurde teilweise Wiedergutmachung geleistet. Insbesondere Bodmer, der inzwischen geradezu zum Offizialkünstler geworden war, konnte schliesslich ein grosses Gemälde für die Aula malen, wo in den 1910er-Jahren noch ein Werk von Ferdinand Hodler vorgesehen war. Dieses, kaum weniger wissenschaftsfeindlich im Inhalt als jene früheren, bewegte sich jedoch in einer weit konventionelleren Formenwelt und bot damit weniger Angriffsfläche.
Lettenschulhaus, Imfeldstrasse 28 (Wipkingen): Tiere statt Kinder
Gleiches wie an der Universität geschah den Künstlern Reinhold Kündig und Paul Bodmer nochmals bei der Ausmalung der Korridore des Lettenschulhauses des Architektenbüros Gebrüder Bräm. Hier erhielt Bodmer den Auftrag, die kurz nach der Ausführung abgedeckten und danach übermalten Bilder durch neue zu ersetzen. Die feinen Epheben mussten hier satt gemalten realistischen Tierdarstellungen weichen. In den Obergeschossen des Schulhauses sind noch drei der ursprünglichen Gemälde erhalten.
Heizungskeller im Metropol, Fraumünsterstrasse 12 (Altstadt): ein Zürcherisches Speak-Easy
Der später durch seine Kinderbuchillustrationen berühmt gewordene Dekorationsmaler Alois Carigiet und seine Entourage der Zürcher Künstler- und Schauspielerszene der 1930er-Jahre waren sicher Stammgäste im zwielichtigen Heizungskeller des Metropol, der als "Degustationsstübli" diente. Hier malte Carigiet seine humorige Hommage an den Wein und allerlei pikante Nebenszenen.
Der spätere Bundesrat in der Bunkerrepublik (Lindenhofbunker, Uraniastrasse 3 (Altstadt)
Ganz gesittet mit Rahmen versehen gibt sich der letzte Überrest der 1970 flächendeckenden Innenausmalung der "Autonomen Republik Bunker", deren Räume heute neckischerweise als Polizeimuseum genutzt werden. Es ist darum mit grosser Wahrscheinlichkeit ein pensionierter Polizist, der dem Besucher die heute ebenfalls pensionierten Persönlichkeiten vorstellt, die auf der Wand als jugendliche Hippies gerade von Polizisten schickaniert werden.
Parkhäuser Promenade (Rämistrasse 22a), Jelmoli (Steinmühleplatz 1), ETH (Karl Schmid-Strasse): Des Sprayers von Zürich Überdauern im Untergrund
Überirdisch existieren in Zürich von Harald Naegeli ein paar der kristallinen Figuren, die er nach seiner Rückkehr in den 2000er-Jahren legal oder toleriert an die Mauern sprayte und die oft wie Sprünge in zerbrochenen Fensterscheiben wirken. Von seinen schmiegsam-subversiven Gestalten von 1978 sind nur noch wenige vorhanden, die allermeisten in den drei genannten Parkhäusern. Der grösste Korpus hat im Parkdeck des ETH-Hauptgebäudes überdauert, ausgerechnet dem Ort, an dem des Sprayers Anonymität 1979 schliesslich aufflog.
Von Stadtbaumeister Gull zu Stadtbaumeister Herter
Gustav Gull war von 1895 bis 1900 Zürichs zweiter Stadtbaumeister, wirkte aber noch mindestens bis in die 1920er-Jahre als "Schattenbaumeister" und Architekt öffentlicher Gebäude. Ihm fiel die Aufgabe zu, Zürichs Gesicht nach der ersten Eingemeindung 1893 zu prägen. Hermann Herter wiederum, Stadtbaumeister 1919 bis 1942, begleitete die erste grosse Expansion Zürichs im Anschluss an den Bebauungsplanwettbewerb (1915–18) und über die zweite Eingemeindung (1934) hinaus. Während Gull die alte Innenstadt im Geist des "künstlerischen Städtebaus" Camillo Sittes transformieren wollte, begleitete Herter vorallem den Bau eines Kordons von Gartenstadtsiedlungen in den ehemaligen Vorortgemeinden. Beide planten zahlreiche öffentliche Gebäude wie Verwaltungsgebäude und Schulen, die in aller Regel mit einer künstlerischen Ausstattung versehen wurden. An ausgewählten Beispielen können wir den Stimmungswechsel nachvollziehen, den der Wandel von der historistischen zur modernen Stadt mit sich brachte.
Stadthaus, Stadthausquai 17 (Altstadt). Eidgenössisches Polytechnikum (ETH Hauptgebäude), Rämistrasse 101 (Universitätsviertel): Wilhelm Ludwig Lehmann
Der Beaux-Arts-Maler und Münchner Sezessionist Lehmann war Gulls Künstler der Wahl bei der malerischen Ausstattung zwei seiner wichtigsten Bauten. In der malerischen Auffassung ganz ähnlich, zeigen die Bilder im Stadthaus in die Vergangenheit, während diejenigen in der ETH in die (industrielle) Zukunft weisen.
Amtshaus I, Bahnhofquai 3 (Altstadt): Giacomettis «Blüemlihalle»
Augusto Giacometti, der eine prominente Rolle bei der Konkretisierung der Vision Hermann Herters eines "farbigen Zürichs" einnahm, konnte hier ein grosses, geschlossenes Werk realisieren – vielleicht dasjenige, das am meisten über den Atlantik hinweg den mexikanischen Muralismus grüsst.
Amtshäuser III und IV, Lindenhofbrücke / Uraniastrasse. Amtshaus V, Werdmühleplatz 3
Die Amtshäuser III und IV sind innen vollständig, aussen skulptural von ihrem Erbauer Gustav Gull künstlerisch ausgestattet. Die Bogenfelder bei den Treppenaufgängen stammen jedoch aus der Herter-Ära und atmen den kühlen Geist der 1930er-Jahre. Die Werke im Amtshaus V sind diesen verwandt, wirken jedoch im nüchternen Zweckbau, der sie beherbergt, isolierter und prominenter gleichzeitig.
Milchbuckschulhaus, Guggachstrasse 11 (Unterstrass): Kinderwehmut
Wie schon in der Darstellung Hermann Hubers am Amtshaus III durchzieht eine verträumte Melancholie die Spielwelt der Kinder, die er zusammen mit Paul Bodmer in den Bögen dieser Korridore gemalt hat. Hier findet sich eine momentane, komplette Abwendung von allem Schrecklichen, so typisch für die Zwischenkriegszeit zwischen Nachkriegsreform und geistiger Landesverteidigung. Die benachbarte Birkenhofsiedlung und dieses Schulhaus bilden denn auch eine Festung, die eine geordnete Idylle umschliesst.
Siedlung Sihlfeld, Bullingerplatz / Sihlfeldstrasse / Ernastrasse / Zypressenstrasse, (Aussersihl): Dekorative Idyllen
Wilhelm Hartung hat der Siedlung ein hart-buntes, beinahe freches Gepräge verliehen, das von ferne an das bunte Magdeburg von Bruno Taut erinnert. Die Bilder zeigen zeitgemäss ländliche Idyllen, Mütter mit Kleinkindern, Rehe und dergleichen, jedoch eher in der Form eines Bilderbuchs für Kinder als pathetisch verklärend.
Alte Börse, Talstrasse 23/25 / Bleicherweg 5 (Altstadt / Enge): Die Welt als Märchen
Die ganze Welt auf einen Blick, ein paar Bäume, Tiere, dazwischen Segelboote. Es ist die Dreissigerjahre-Vision einer vereinigten heilen Welt am Ort des Handels, der zum Zeitpunkt der Realisierung des Gemäldes die Welt bereits in den Abgrund gestürzt hatte.
Von der Avantgarde zur Geistigen Landesverteidigung zur konservativen Nachkriegsmoderne zurück zur Avantgarde
Swiss Life, Empfangs- und Wartehalle, Alfred-Escher-Strasse / General-Guisan-Quai 40 (Enge)
Karl Hügin begann seine lange Laufbahn als Maler zusammen mit Bodmer und Huber im Umkreis Otto Meyer-Amdens mit Experimenten im "Grünen Heinrich" an der Theaterstrasse beim Bellevue, wo heute Büro- und Warenhausbauten aus den 1950er- bis 1970er-Jahren stehen. Auch er eckte 1914 mit seinen eigenartig steifen Damen und Herren mit Hund, in Anzug und nackt, im ehemaligen Deutschen Seminar der Universität Zürich an, und auch diese Bilder mussten verschwinden. Wie Bodmer entwickelte sich Hügin zum ausgesprochenen Offizialkünstler und Visualisierer der geistigen Landesverteidigung. Bekannt ist sein Mosaik "Der Staat" im Durchgang der Gebäude der kantonalen Verwaltung zwischen Neumühlequai und Zähringerstrasse. Etwas weniger seine grosse Arbeit im Entrée der Swiss Life (ehemals Rentenanstalt) an der Alfred Escher-Strasse. Diese zeigt mit ihrem expliziten Renaissancebezug und der starken Stilisierung eine starke Verwandschaft mit der italienischen "Novecento"-Bewegung.
Stadtspital Waid (Treppenhaus, zwischen den Häusern A und B), Tièchestrasse 99 (Wipkingen)
In seiner Staffeleimalerei neigte Max Gubler stets mehr einer koloristischen Spielart des Expressionismus zu. Seine Mosaike im Waidspital sind weltabgerückt, arkadisch und ernst. Einen seltsamen Kontrast bilden der nackte, antikische Reiter und die fast schon alltägliche Mutter mit ihrem Jungen – vielleicht eine Allusion auf das Verhältnis zwischen hehrer, kaum mehr greifbarer Vaterheldengestalt und der Restfamilie der 1950er-Jahre.
Kirchgemeindehaus Oerlikon, Baumackerstrasse 19 (Oerlikon)
Franz Opitz begann dort, wo Hügin und Bodmer aufhörten. Seine Mosaike der 1950er-Jahre befinden sich inhaltlich und formal in der Mitte des helvetischen Konsens. 1970 schloss er sich mit seinem flächig-dekorativen Werk in Bubikon wieder der (nach-konkreten) Moderne an.
Abstrakte, Konkrete, Pop
Kantonales Laboratorium (ehemals: Pestalozzischule), Seitenwände des Eingangsportals, Fehrenstrasse 15 (Hottingen): Sturmlauf und Niederlage der Avantgarde
Die nonfigurative Moderne hatte im öffentlichen Bereich Zürichs einen schweren Start. Hans Arps und Otto van Rees' Portalgemälden für Han Corays Pestalozzischule war vorerst nur eine kurze Existenz von drei Jahren vergönnt. Auch hier waren es (wie an der Universität und dem Lettenschulhaus) die Lehrer, denen die modernistische Ausdrucksform missfiel. Sechzig Jahre später fanden sich die Werke im Zeitgeist wieder und wurden hervorgeholt, fristen allerdings ein kaum beachtetes Dasein.
Kantonsschule Hottingen (ehemals: Töchterschule II), Minervastrasse 14 (Hottingen): Carlotta Stockers Emanzipation
Carlotta Stocker gehört zu den wirklich unabhängigen Künstlerpersönlichkeiten der Kriegs- und Nachkriegszeit. Gefördert wurde sie von ArchitektInnen wie Lux Guyer und Albert Heinrich Steiner, dem Stadtbaumeister der Nachkriegsmoderne. Ihre luftige grosse Arbeit in Hottingen hat etwas Anthroposophisches, was im unmittelbaren geografischen Wirkungskreis der Rudolf Steiner-Schule ganz angemessen wirkt. Ihre Arbeit zuvor und danach zeigen jedoch, dass sie sich keiner solchen Lehre verpflichtete.
Radiostudio, Brunnenhofstrasse 22 (Unterstrass): Raumkomposition im Dienste der Musik
Die Dreissigerjahre waren das Jahrzehnt des neuen Massenmediums Radio, und die Musik die assoziierte Kunstform. Oskar Lüthys "Farbensymphonie" und Otto Dürrs Farbgestaltung wiederum dienen der Musik respektive ihrer Erzeugung und Rezeption im Konzertsaal, nehmen ihre Rhythmen, Farben und Schwingungen auf und unterstützen damit das Erlebnis der (im Raum anwesenden) Hörenden. Der Betrachter denkt vielleicht an Schönberg oder Schostakowitsch, allenfalls an Debussy, eher nicht an Strauss oder Bruckner.
Flughafenbahnhof Zürich-Kloten: Pop-Rhythmus
Die Grafikerin Charlotte Schmid war zusammen mit Paul Leber und Willi Walter ein Star der Schweizer Präsenz an der Weltausstellung in Osaka 1970. Ihr Styling war eine massgebliche Manifestation der Schweizer Postmoderne. Schmids prominentestes Werk in Zürich ist die Gestaltung der Perronwände des Flughafenbahnhofs, inzwischen fast schon zeitlos geworden und von der Mehrheit der (Schweizer) Durchreisenden kaum mehr bewusst wahrgenommen.
Alterssiedlung Bombach, Limmattalstrasse 382/384/386 (Höngg): eine vergrabene, post-popartistische Mine
Diese Bilder wollen gefunden werden. Wer würde denn auch in dieser nüchternen Grossüberbauung der 1960er-Jahre diese explosiven, eher kleinformatigen Werke des R.B. Kitaj-Bewunderers Klaus Däniker vermuten. Des Rätsels Lösung ist, dass hier der Künstler wie der heilige Meinrad mit zwei Raben eine Atelierklause bewohnte. Die Raben waren Gesellen des (nicht ungeselligen) Einsiedlers und zugleich Symbol seiner intensiv ausgeübten druckgrafischen Kunst.
Bahnhof Stettbach (Schwamendingen / Dübendorf): der kühle Hauch der Zürcher Konkreten
Die schematisierten S-Bahn-Züge Gottfried Honeggers stehen auf der Wand, sehr rational in der geordneten Abfolge der prismatischen Farben, entkörperlicht durch die dünne Schraffur. Es sind keine Züge, sondern deren Logos, statisch, die Richtung bloss andeutend.
Kantonsschule Rämibühl (Mensa und umliegende Korridore), Rämistrasse 58 (Hottingen): poetische Farbrhythmen
Ebenfalls auf einer konkreten Auffassung beruhend, sind diese Wandgestaltungen komplex und lebendig. Eine Gegenständlichkeit ist manchmal unaufdringlich angedeutet. Ein herausragendes und sehr gut erhaltenes Werk Karl Schmids aus den 1970er-Jahren.
Siedlung Heuried, Höfliweg 2–22 (Wiedikon): Ersatzgestaltung
Edy Brunners und Karl Schneiders integrale, auf den Massenwohnbau bezogene Gesamtgestaltung von 1976, die neben den stark abstrahierten Bauarbeiterprofile auch den Spielplatz einschloss, musste 2005 einer Fassadensanierung weichen. Statt Arbeitern sind es jetzt Kinder, nun mehr fotografisch als grafisch gefasst, die ausserdem neu die Strassenfassaden kontrapunktieren statt wie ehemals den Hof gesamtkünstlerisch zu schliessen.
Nach dem Bild – das Zeichen
Bürohaus Suter+Suter (heute: Universität Zürich), Allmannstrasse 5 (Oerlikon / Seebach); Wohnhaus Baugenossenschaft Zurlinden, Badenerstrasse 378 (Albisrieden)
Die Monumentalmalerei der 1930er-Jahre steht im Ruf eines Hangs zum Didaktischen. Diese zwei Werke, 1991 und 2009 entstanden, stellen diesbezüglich jedoch alles in den Schatten. Den Pendlern respektive Passanten wird im Klartext mitgeteilt, was sie in ihrem Leben verbessern können. Geschieht dies im Fall des Fischli Weiss-Werks in Oerlikon noch mit einem Augenzwinkern, wird die Sache bei Superflex bitterernst. Der dekorative Effekt, der auch bei solch belehrender Wandkunst nicht fehlen soll, ist reduziert auf die ansprechende Anordnung der Beschriftungen in der Fassade.
Sportanlage Buchlern, Friedhofstrasse 89 (Altstetten)
Selbst die Gestaltung einer Fassade mit Schriftzeichen lässt sich noch reduzieren, nämlich auf ihren rein grafischen Gehalt: pure Ästhetik.