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Die Wandgemäldezyklen von Balz Baechi und Andrea Muheim in der Zürcher Predigerkirche. Eine Installation anlässlich der Kunstszene Zürich 1992

Von Alex Winiger, 2023

Inhalt

Würdigung einer vorübergehenden Installation [↑]

Im Juni 1992 traten fünf Frauenportraits des 55-jährigen Grafikers, Theaterillustrators, Malers und Musikers Balz Baechi in einen Dialog mit fünf Männerportraits der 24-jährigen angehenden Künstlerin Andrea Muheim. Den architektonischen Rahmen bildete die Zürcher Predigerkirche, ein mittelalterliches Bauwerk mit einem frühbarocken Innenausbau.1 Die Ausstellung oder «Intervention» (von intervenire, «dazwischengehen», den Schuh in den Türspalt halten) war Teil einer Ausstellungsserie unter dem Titel «Kunstort: Kirche», diese wiederum ein Schwerpunkt einer Selbsthilfeaktion von Künstlern namens «kunstszene 91+92».2 Die Montage der genannten zehn Gemälde in der Predigerkirche war, obwohl baubezogen und nicht als flüchtiges Ereignis konzipiert, auf einen Monat befristet. Die Wahrnehmung durch die Presse beschränkte sich auf zwei, drei kleinere Beiträge. Die vor und während der Ausstellungsdauer kurzzeitig hochgehenden Wogen in der Kirchgemeinde glätteten sich wieder. Wie viele Innenstadtkirchen erlebte auch die Predigerkirche eine über die Jahre hingehende Säkularisierung respektive Umnutzung vom Kultraum zum Kulturlokal. Und auch heute noch erblicken Besucher dieselben leeren Bildfelder wie seit 200 Jahren.

Weshalb ein Buchprojekt über diesen zeitlich beschränkten künstlerischen Eingriff? Der nunmehr 85-jährige Balz Baechi blickt auf eine bildnerische Laufbahn zurück, die seither stark auf die Malerei fokussiert war. Vielleicht war das Wandbildwerk ein Turnaround, weg von einer mehr oder weniger zweckgebundenen und «mitteilsamen» Gestaltung, hin zu einem komplexen, verinnerlichteren Ausdruck.

Für die zuletzt regional etablierte und verschiedentlich ausgezeichnete Malerin Andrea Muheim war der Auftritt in der Predigerkirche die zweite Ausstellung nach dem Diplom an der Berner Kunsthochschule und schloss inhaltlich direkt an ihre 1991 in der dortigen «Dampfzentrale» gezeigte Abschlussarbeit an.3 Es ist ein Frühwerk, das gegenüber dem heute bekannten Oeuvre der Malerin kantig und sperrig wirkt. Hölzerner, aber auch konfrontativer als die seit den Nuller-Jahren teilweise auf der Basis von Fotomaterial entstandenen Bilder.

Abbildung Kirchenschiff der Zürcher Predigerkirche mit Gemälden Balz Baechis, Juni 1992 Abbildung Kirchenschiff der Zürcher Predigerkirche mit Gemälden Andrea Muheims, Juni 1992

Die Gemälde von Baechi und Muheim ordneten sich der architektonischen Struktur komplett unter: sie füllten die Bildfelder, als deren Schöpfer Ulrich Oeri (1567–1631) und die Stuckateure Antonio (1575–1638) und Pietro (1587–1626) Castelli gelten4, die jedoch in zwinglianischer Tradition nie mit Gemälden versehen worden waren. Baechi, der sich seit 1986 mit anderen für die Freilegung des gotischen Predigerchors einsetzte, muss die Inspiration zur Bebilderung des Kirchenraums unter anderem vom Opernhaus-Dirigenten Nikolaus Harnoncourt empfangen haben, der ihm empfohlen haben soll, zur Verbesserung der Akustik «Heiligenbilder rein zu hängen». Gemälde konnten hier eine funktionale Lücke füllen. Obwohl diese Bilder schliesslich höchstens in einem sehr weiten Sinn auf die Kirche und ihre Inhalte Bezug nahmen, fügten sie sich ästhetisch nahtlos ein. Dieser postmoderne Ansatz einer «Ausmalung» im Sinne des Baus, aber unbelastet von einem institutionellen Bildprogramm, ist eine erneute Reflexion wert und verdient Dauer – und sei es nur in Form dieses Beitrags.

Die Gemälde und die Malerin/der Maler [↑]

Frauenbilder und Männerbilder über Kreuz [↑]

Die zehn Bildtafeln bildeten eine Art dunklen Fries im hell gestrichenen Kirchenraum. Sie «zogen» die Schwere des dunklen Bodens und der Kirchenbänke gewissermassen in die Höhe. Sowohl Muheims als auch Baechis Figuren sind grösstenteils hell auf die dunkle Fläche gesetzt. Sie griffen den hellen Raum im Bildraum auf. Bei Baechi sind es komplexe, bewegte Formen, während Muheims statische, strengen Figuren beinahe wie eine Variante der vertikalen Wandornamente erschienen. Baechis Gemälde wirkten in der Gesamtbetrachtung wie eine traditionelle, barocke Kirchenbebilderung, während Muheims Gemälde ihre Integration in der Architektur des Raums subtilen Farbbezügen verdankten.

Die Titel der Werke offenbaren, dass wir Portraits existierender Frauen und Männer sehen: I.B., D.Y., K.E., A.M., E.S. bei Baechi, This, Chrigu, Julien, Felix, Boris bei Muheim.

I.B. ist eine Flötistin, die sich häutet. H.O. stemmt sich auf ein Trapez. Ein Hahn trägt Gemüsekörbchen im Schnabel, darin ein Kopf. Die komplexeste Figur, K.E., ist dreifach repräsentiert: als Schatten mit Frucht hinter dem Rücken, als stochernde gebückte Gestalt, die eine Spinne aufscheucht und als Frau im Mond. Attribute sind ein Männchen, Galileo darstellend, und eine Hand, ähnlich den Buchdruckerhändchen des 19. Jahrhunderts mit dem Zeigefinger, aufgemalt auf ein Brettchen. Eine Lampe, durchzogen von einem lianenähnlichen Blitz, erinnert an «Guernica». Das Ganze in einem estrichartigen Gebälk, umwallt von Tüchern. A.M. schliesslich, klar die Gegenüber-Künstlerin Andrea Muheim darstellend, ist flankiert von einem riesigen Fisch und von Algen oder Ähnlichem. Eine auf hartem Klötzli- oder Keramikboden schlafende E.S. trägt einen Heiligenschein und einen rosa Kamm. Sie residiert unter Palmenblättern, hinter ihr eine reich wirkende Scheinarchitektur.

Abbildung Balz Baechi, I.B., 1992, Öl auf Leinwand, 180 x 250 cm Abbildung Balz Baechi, H.O., 1992, Öl auf Leinwand, 180 x 250 cm Abbildung Balz Baechi, K.E., 1992, Öl auf Leinwand, 180 x 250 cm Abbildung alz Baechi, A.M., 1992, Öl auf Leinwand, 180 x 250 cm Abbildung Balz Baechi, E.S., 1992, Öl auf Leinwand, 180 x 250 cm

This mit Ikonengesicht trohnt in einem blauen Gewölbe auf einem Lehnstuhl. Der nordische Chrigu sitzt auf einem Stahlrohrhocker, hart kontrastierend zum dunkelbraunen Hintergrund, was ihn asketisch wirken lässt. Julien sitzt herausfordern rittlings auf einem weissen Wienerstuhl. Sein caramelfarbener Körper fällt praktisch mit den Hintergrund zusammen. Auf dem feingliedrigen Felix dagegen lässt sich beinahe jedes Brusthaar zählen. Von kannellierten Säulen flankiert, wird er artifiziell und hyperreal zugleich. Boris sitzt hingegen fleischfarben in einem fleischfarbenen Interieur, relaxed auf einem gestellartigen Stuhl, und wirkt poppig modern.

Ein Paradox: Der Protestant Baechi führt uns mithilfe zahlreicher Attribute und dekorativer Elemente durch die Viten seiner Protagonistinnen. Die Katholikin Muheim dagegen präsentiert uns ihre «Evangelisten» karg, nackt und nahezu attributlos. Der Blick der Frau auf ihre Männer ist kühl, sachlich und auch sehr dinglich: die Körper wirken objekthaft und ein Stück weit ausgeliefert. Die Frauenportraits haben dagegen etwas Imaginiertes: als wären sie der Fantasie des Mannes entsprungen. Es sind Träume, angebunden an zugrundeliegende Portraits. Die Frau analysiert die Männer. Der Mann erträumt sich die Frauen. Ein zweites Paradox: die strengen Männerfiguren richten Ihren Blick forsch in den Raum, während die expressiv gemalten Frauenportraits verinnerlich wirken.

Da Muheims «Adams» keine frontal portraitierten «Evas» auf der Gegenwand gegenüberstanden, kann nicht direkt von einem Dialog der beiden Bildserien die Rede gesprochen werden. Es ist komplexer: Muheims Gestalten nahmen formal die vertikalen Stuckelemente und Pfeiler auf. Der visuelle Bezug zum Gegenüber spielte über die Farbigkeit, den dunklen Bildgrund, den alle Gemälde gemeinsam hatten, und die Tatsache, dass hier wie dort menschliche Figuren abgebildet waren. Baechis Bilder lenkten den Blick jedoch nicht in den Raum zurück, sondern bezogen sich dynamisch aufeinander und auf die umgebende Wand mit ihrem Dekor. Muheims Gemälde wirkten wie ein Fokus, der die Formen der Ostwand bündelte und zur Westwand schickte, wo die Aufmerksamkeit wieder gestreut wurde. Hier die ernste Disziplinierung, dort die verspielte Streuung. Hier eine asketische Besinnung, dort eine komplexe, anspielungsreiche Mechanik. Hier ein formaler Rückbezug ins Spätmittelalter, dort eine Vorausschau in den Barock.

Abbildung Andrea Muheim, This, 1992, Acryl und Öl auf Leinwand, 164 x 218 cm Abbildung Andrea Muheim, Chrigu, 1992, Acryl und Öl auf Leinwand, 170 x 210 cm Abbildung Andrea Muheim, Julien, 1992, Acryl und Öl auf Leinwand, 177 x 207 cm Abbildung Andrea Muheim, Felix, 1992, Acryl und Öl auf Leinwand, 174x207 cm Abbildung Andrea Muheim, Boris, 1992, Acryl und Öl auf Leinwand, 176 x 205 cm

Mit einer intimen Malerei in die Öffentlichkeit [↑]

Andrea Muheim hatte ihre Wurzeln im Kanton Uri und wuchs im Zürcher Unterland auf. Früh berufen zum Bildnerischen, liess sie sich in Zürich (gestalterischer Vorkurs) und Bern (Kunstklasse) ausbilden. Die Berner Schule für Gestaltung bot ihr 1991 in einer Halle des Kulturzentrums Dampfzentrale die Möglichkeit, ihre Diplomarbeit, auf Pfeilerkapitelle gestellte gemalte Portraits (mit je einer Entsprechung am Pfeilerfuss), auszustellen. Die abgebildeten Frauen und Männer posierten stehend und waren, ähnlich den «Prediger»-Akten, frontal dargestellt.

Abbildung Andrea Muheim, Ich Marokko, 2001, Öl auf Leinwand, 50x40 cm Abbildung Andrea Muheim, Top North Chiang May, 1999, Baumwolle, 15x21 cm Abbildung Andrea Muheim, 2012, Langstrasse, Öl auf Leinwand, 105x115 cm Abbildung Andrea Muheim, XI, 2018, Öl und Acryl auf Leinwand, 150x100 cm Abbildung Andrea Muheim, Dahlie, 2015, Öl auf Leinwand, 69x50 cm

Frontale Portraits waren bis zuletzt ein Markenzeichen der Künstlerin. Sowohl der konfrontative Blick als auch die schonungslose, sachliche Wiedergabe von Körpern verunsichern den Beschauer. Er oder sie fragt sich: darf ich das ansehen? Geht mich das etwas an? Ein weiteres Merkmal sind ornamental-dekorative Elemente, zu denen die Flächigkeit der Darstellung zählt, aber auch Zutaten wie Streifen in einem Pulli oder stark abstrahierte Gegenstände wie Zimmerpflanzen, Mobiliar oder ein Fensterprofil.5 Etwas weniger verbindlich wirken die Stadt- und Landschaftsbilder, die, auch im Gebrauch fotografischen Ausgangsmaterials, eher auf Lichteffekte und Stimmungen aus zu sein scheinen. Manche Gemälde dienten wohl dem Ausloten malerischer Möglichkeiten zwischen Textur und Hyperrealismus.6 Sehr eine eigenwillige Note brachte die Künstlerin mit der Umsetzung von Portraits als Stickerei ein, so in den Familiengeschichten (1998) und in den «Recuerdos de México» (2006). Deren lineare Qualität kam auch in zahlreichen Tagebuchskizzen zum Tragen. Die Periode ab Mitte der 2010er-Jahre brachte eine Serie von zunehmend einfacheren Stilleben, welche zuletzt an die Strenge des Frühwerks heranreichten. In Gemälden nach 2018 (Werkgruppen Zeit und Raum, Lose My Mind) tauchte eine Bewegungsunschärfe auf, welche die ehemals oft scharfkantigen Körper verwischte. Hier setzte die Künstlerin auch spontane Effekte wie Tropfenläufe ein, die in ihrer kontrollierten Malweise früher kaum zu finden waren. Die zunehmende Virtuosität der Malerei Muheims hatte ihren eigenen Reiz. Nach wie vor besticht aber die archaische Kraft der frühen Portraits.

Verschiedene Kunstpreise und Ankäufe illustrieren, dass Andrea Muheim einerseits das jüngst stärker gewordene Interesse an der Sicht einer Frau, aber auch den Aufwind, den die neue figurative Malerei seit den 1990er-Jahren genossen hat, nutzen konnte. Dazu beigetragen haben ihre enorme Produktivität und die Stetigkeit in der Entwicklung ihrer Mittel und ihres Ausdrucks.

Befreiung der Illustration [↑]

Balz Baechi kann auf ein reiches Oeuvre zurückblicken, das er in Ausstellungen immer wieder zugänglich macht.7 Einer breiteren Öffentlichkeit ist er nichts desto trotz mehr durch seine teilweise frechen Illustrationen und Karikaturen bekannt geworden, die er zwischen 1961 und 1988 für die Schweizer Presse schuf.8 Es bestechen bereits seine in dieser Zeit entstandenen experimentierfreudigen und erzählstarken gemalten Szenerien und Portraits. So malte er in den 1970er-Jahren Portraits von Persönlichkeiten wie Lukas Hartmann, Max Bill, H.R. Giger oder von Renée und Corinne Ziegler. In «P.K. mit Helm» (1998) greift er auf ein ähnliches Vokabular zurück wie in den «Prediger»-Portraits: ein nackter, junger Mann mit Perserhelm zieht sich Turnschuhe an. Die Bildsprache ist dramatisch in beckmann’scher Weise: harte Umrisse, klare Farb- und Helldunkelverteilung, kräftiger Duktus. Ab den 1990ern entstanden zunehmend komplexe Bilderzählungen wie «Vogelmensch, abgestürzt» (1994), in der sich das traumhaft-mythologische Motiv und eine heutige Picknickszene überlagern. Das farbige Patchwork der Picknickdecke findet sich in den Körpern des erträumten Paars wieder. Der Gestürzte selber gehört der physischen Welt an und erinnert an die in der ostdeutschen Malerei virulente Ikarus-Figur, die 1990 so perfekt den gescheiterten Flug in die Freiheit symbolisiert. In späteren Bildern nimmt die Abstraktion überhand, ohne jedoch je die Figuration ganz zu verdrängen. «Nu remontant l’escalier» (2017) ist eine augenzwinkernde Antwort auf Duchamps Aufbruch in die Kunst jenseits der Malerei: während dieser die Treppen hinabsteigt, steigt Baechi eben wieder hinauf (und malt weiter). Nie stellt er die Macht der Bildfläche in Frage, so sehr er auch immer wieder das Gleichgewicht der Komposition riskiert.

Abbildung Balz Baechi, Oedon v. Horvath, Kasimir und Karoline, 1975, Feder, Tusche auf Papier, 40 x 30 cm Abbildung Balz Baechi, Sei personnaggi in cerca di un autore, 1996, 180x140 cm, Öl auf Leinwand Abbildung Balz Baechi, Steivan Liun Könz und Barbara Könz-Jenni, 1979, 60 x 40 cm, Öl auf Leinwand Abbildung Balz Baechi, Marathon (Modell P.K.), 1998, 80 x 80 cm, Öl auf Leinwand Abbildung Balz Baechi, Ortzeitzustand, 2007, 160 x 160 cm, Öl auf Leinwand Abbildung Balz Baechi, Vogelmensch, 2004, 120 x 90 cm, Öl auf Leinwand Abbildung Balz Baechi, Nu remontant l'escalier, 2016, 210 x 165 cm, Öl auf Leinwand

Statements [↑]

«In der Gotik empfingen die Kirchenräume durch Glasmalerei ein spiritualisiertes,verinnerlichtes Licht. Im Barock spalteten Gegen-Reformation und Newtonscher Rationalismus das Licht. Der spiritualisierte Anteil, theatralische Transzendenz und Apotheose wurden auf Wände und vor allem in die Gewölbe gemalt, während in den Fenstern weisses Licht nach aussen wies. In der reformierten Predigerkirche blieben die stuckgerahmten Felder unter den dem Naturlicht der Fenster leer, als ob sie nach dem spirituellen Anteil der barocken Lichtdichotomie riefen. Der Ruf wurde gehört. Warum Adam und Eva? Der Ablauf der Ikonographien weisen sich 2 Lebenszyklen des Christentums nach: der 1. von Byzanz bis zur Reformation, der 2. von der Gegenreformation an bis zu einer Moderne, die Religion relativiert und die Spiritualität durch allerhand anderes ersetzt. Die Jugend der Zyklen illustriert eher Paradies und Taufe als Kreuzigung. Dazu passt und daher kommt wohl die Inspiration die Einladung der 10 leeren Felder anzunehmen und sie mit Adam und Evas zu füllen, gemalt nach realen, portraitierten Modellen im Bekanntenkreis. (Meines Wissens geschah dies letztmals im Genter Altar der Brüder van Eyck, im Übergang vom Spätmittelalter zur Reformation). Nun macht aber die Emanzipation ein ganzheitliches neuhumanistisches Menschenbild möglich und damit so etwas wie einen dritten theologischen Zyklus. Dass die davon beeinflussten Bilder 30 Jahre später noch/wieder gelten, spricht dafür.» (Balz Baechi)

Abbildung Dampfzentrale Bern, FFK Diplomausstellung mit Gemälden von Andrea Muheim, 1991

«Bei meinem Abschluss 1991 hatte ich eine Arbeit in der Dampfzentrale gemacht. Dort hatte es Säulen, und es ist dort sehr hoch. In der Breite dieser Säulen malte ich Bilder auf Leinwand von meinen Freunden, damals noch nicht nackt, die ich dort hinauf stellte. Die Arbeit in der Predigerkirche knüpfte an diese Arbeit an. […] Ich malte und versuchte in dieser Zeit auch, installativ anzuknüpfen. Es war der Zeitgeist. Einfach malen ging fast nicht. […] Ich denke, das Thema kam von Baechi. Ich kam ohnehin vom Aktzeichnen und -malen her. Während des Vorkurses [an der Schule für Gestaltung Zürich] war ich bei Rosina [Kuhn]. Sie hat auch viel mit Farbe gemacht. Es war figürlich, nicht nur Akt. Sie sagte auch: 'Du willst doch malen'. Sie war in diesem Sinn schuld, dass ich malte. […] Es waren Freunde von mir, die ich malte. Ich malte sie aber nicht direkt, sondern machte Skizzen. Zwei oder drei waren Liebhaber von mir. Sie sollten nicht unerotisch sein. Ich hatte zum Nacktsein eine entspannte Haltung. Ich malte damals Sachen, die ich mich heute vielleicht gar nicht mehr getrauen würde. […] Dass die [Portraits] so steif sind, das war etwas, das ich damals auch suchte. Ich hatte gerne Renaissancekunst oder sogar noch ältere, mittelalterliche. Den Barock mochte ich nicht so.» (Andrea Muheim)

Verflochtene Interessen, komplexes Zusammenspiel [↑]

kunstszene 91+92 [↑]

Seit den 1970er-Jahren fanden in Stadt und Kanton Zürich jurierte und unjurierte Jahresausstellungen, die sogenannten «Weihnachtsausstellungen», statt. Angesichts schrumpfender öffentlicher Mittel und wohl auch aufgrund einer Krise des Konzepts erhielten «die Künstler» 1989 den Auftrag, die Ausstellung zum Jahreswechsel 1991/92 selber zu organisieren. Von Künstler*innenorganisationen initiiert, trafen sich rund 200 Künstler*innen am 28. Juni 1990 zu einer Vollversammlung im Zürcher Kunsthaus, an welcher die Durchführung einer jurierten Ausstellung beschlossen wurde. Die Organisation dieser Veranstaltung wurde schliesslich von etwa 50 Mitgliedern der Szene im Sommer 1990 konkretisiert. Im Oktober 1990 beschloss eine erneute Vollversammlung von 100 Künstler*innen, eine dezentrale Veranstaltung rund um zwölf Ausstellungskonzepte durchzuführen. Im April 1991 wurden 19 Konzepte ausgeschrieben, im Juni des gleichen Jahres 800 Bewerbungen durch Mitglieder der O-Teams juriert. Eine (ursprünglich dreizehn-, später sechsköpfige) Kerngruppe machte sich derweil auf die Suche nach Sponsoren. Dank der Gratisarbeit aller Teilnehmer*innen konnte die «kunstszene» stattfinden. Die eingeworbenen Gelder deckten die gröbsten Grundkosten.

Das Ergebnis war ein immens weitläufiger Veranstaltungspool mit einer grossen thematischen und medialen Bandbreite, an dem 255 Künstler*innen teilnahmen. Die «kunstszene 91+92» erregte regional und national einige Aufmerksamkeit, wobei vor allem der Aspekt der Selbstorganisation Interesse weckte.9 Die Ausstellungen wurden sehr unterschiedlich besprochen. Generell erhielten die Aktionen im Winter 1991/92 mehr öffentliche Anteilnahme als diejenigen des Frühsommers 1992. Die Kerngruppe redigierte 1993 eine Publikation, die besonders die Dynamik und die Grundgedanken der Veranstaltung gut wiedergibt, auf die einzelnen Ausstellungen und Arbeiten aber nur vereinzelt eingeht. Aus der Predigerkirche gelangte eine Abbildung der Figuren Eva Waldmanns ins Buch.10

Aufstand gegen eine Nutzung [↑]

Abbildung Zentralbibliothek Zürich im Bau, 1990. In der Bildmitte ist das gotische Chor der Predigerkirche erkennbar. Foto: Comet / Baugeschichtliches Archiv Zürich

Baechi kannte den frühbarock ausgestalteten Kirchenraum der Zürcher Predigerkirche (den er als «langweilig» empfand) durch Knellwolf. Pfarrer Ulrich Knellwolf und Baechi lernten sich bereits in Zollikon kennen, wo Baechi heute noch lebt und wo Knellwolf von 1972 bis 1984 als Pfarrer wirkte. Die Beziehung der beiden wurde Mitte der 1980er-Jahre intensiver durch das gemeinsame Engagement für die Ausräumung des gotischen Chors der Kirche.11 Anstoss zu dieser Initiative hatte das Bauprojekt für die Erweiterung der benachbarten Zentralbibliothek Zürich gegeben, die seit 1982 die Räume des ehemaligen Staatsarchivs im Chortrakt als Büchermagazin nutzte.12

Abbildung Balz Baechi, Axonometrie des Langschiffs und Chors der Predigerkirche, 1986 Abbildung Abstimmungsvorlage zur Stadtzürcher Gemeindeabstimmung vom 24.9.1989, Titelseite

Die Predigerkirche in der heutigen Form besteht aus zwei hintereinander stehenden Längstrakten, dem Langschiff und dem Chor. Die Gebäude sind ein Fragment einer im 12. Jahrhundert kreuzförmig angelegten Kirchenanlage, die zum Kloster des Bettelordens der Prediger gehörte. Seit 1524 wurden Teile der Kirche zeitweise als Lagergebäude genutzt. Ein Geschoss des bereits damals unterteilten Chors diente als Spitalkirche, das Schiff ab 1607 der Predigergemeinde. 1898 bis 1900 erhielt sie den Turm (entworfen von Gustav Gull, ausgeführt von Friedrich Wehrli), der sie endgültig als Pfarrkirche definierte. Die Raumaufteilung des Chors wurde 1917 bis 1919 durch den Ersatz der vierhundertjährigen Holzeinbauten durch Betonböden im eigentlichen Sinne «zementiert». Auf die Entfernung dieser Böden zielte 1986 die Initiative Baechis und seiner Mitstreiter.13 Einerseits sollte der Raum wieder für öffentliche Veranstaltungen zugänglich werden. Das Publikum sollte ihn ausserdem wieder in seiner ursprünglichen Höhe erleben können. Eine Öffnung oder Entfernung der Trennwand hätte die Akustik des Kirchenschiffs möglicherweise verbessert, wobei das vom Kanton Zürich beauftragte Architekturbüro diesbezüglich zu anderen Schlüssen kam als der Musiker und Musiktheoretiker Urs Probst in der 1987 erschienenen Publikation der Arbeitsgruppe Predigerchor.14 Während sich der Zürcher Kantonsrat für die Ausräumung 1989 für die Ausräumung des Chors aussprach15, scheiterte eine diesbezügliche Kreditvorlage gleichenjahres in einer Stadtzürcher Volksabstimmung.16 Die Zentralbibliothek wurde neu gebaut, der Predigerchor als Büchermagazin (seit 1996 als Musikalienabteilung) sowie als Ausstellungsraum weiterhin von dieser genutzt.

Macher(innen)17 treffen zusammen [↑]

Baechi äussert die Vermutung, seine Anmeldung für eine Teilnahme an «Kunstort: Kirche» in der Predigerkirche sei nicht zuletzt dank seiner Mitarbeit in der Arbeitsgruppe Predigerchor angenommen worden. Der Bildhauer Victor Bächer (1933–2015), der im Rahmen der «kunstszene 91+92» den Schwerpunkt «Kunstort: Kirche» organisierte, evaluierte die acht vornehmlich evangelisch-reformierten Zentrumskirchen, die sich für eine Teilnahme an der Veranstaltung bereit erklärten. Bächer und Baechi kannten sich nicht persönlich. Bächer muss aber die von ihm ausgewählten und zu Gruppen zusammengestellten Teilnehmer sehr schnell an den Tisch gebeten haben. Wie seine Witwe bemerkt, hätte es «keinen Streit gegeben». Bächer hätte es sehr gut verstanden, Personen und passende Räume zusammenzubringen.18 Andererseits erwähnt Pfarrer Knellwolf eine Irritation der «Kommission» (möglicherweise des Kuratoriums, also Bächers), dass Baechi das Projekt an ihr vorbei organisiert habe. Das Projekt in der Predigerkirche konkretisierten die drei Ausstellenden Baechi, Muheim und Waldmann schliesslich in situ, wobei auch hier Baechi mit seinem Vorschlag, fünf Frauen- fünf Männerakten gegenüberzustellen, vorpreschte.

Adam und Eva in der Predigerkirche [↑]

Von Ulrich Knellwolf

Die Sache begann mit einem Hörproblem. Die Akustik der Predigerkirche ist schwierig. Auch der Zeichner und Maler Balz Baechi wusste es, von dem neben einigen Theaterzeichnungen ein grosses Bild in unserer Wohnung hängt, Geschenk der Kirchgemeinde Zollikon bei unserem Wegzug an die Predigerkirche. Während viele über die eingeschränkte Verständlichkeit resignierend die Achseln zuckten, packte Baechi den Stier bei den Hörnern. Eines Abends schleppte er den Dirigenten Nikolaus Harnoncourt in die Kirche und fragte ihn, wie eine Verbesserung zu erreichen wäre. Der Musiker trat in die Mitte des frühbarocken Raumes, begann zu summen und zu singen und meinte schliesslich in seinem Österreichisch und nicht ohne ein Lächeln auf den Stockzähnen mit Blick auf die grossen leeren Flächen an den Wänden des Mittelschiffs: «Hängen's Heiligenbilder rein.»

Baechi musste man das nicht zweimal sagen. 1991 flog mir prompt seine Frage ins Haus, ob sich Harnoncourts Rat vielleicht während der geplanten «Kunstszene Zürich 1992» befristet in die Tat umsetzen lasse. Die Voraussetzungen waren nicht schlecht. Kirchgemeindepräsident war der Grafiker Daniel Lienhard, der ein offenes Ohr dafür hatte. Es mussten ja nicht gerade Heiligenbilder sein. Und so gab die Kirchenpflege nach ausführlicher Diskussion ihren Segen, dass hoch oben im Mittelschiff zehn Bilder gehängt werden konnten, fünfmal Eva von Balz Baechi und fünfmal Adam von Andrea Muheim. Und zwar «vor dem Fall», also nackt wie Gott sie schuf.

Wer einen Volksaufstand erwartet hatte, wurde enttäuscht. Nach meiner Erinnerung bekamen die Pflege und ich ein paar wenige erzürnte Briefe. Ein älterer Herr aus dem Niederdorf, zuverlässiger Gottesdienstteilnehmer, drohte mit dem Kirchenaustritt, der sich durch ein freundschaftliches Gespräch zwischen ihm und mir abwenden liess. Der Gottesdienst, der in den letzten Jahren erfreulichen Zulauf gefunden hatte, bekam weder die Auszehrung noch platzte er plötzlich aus allen Nähten. Viele Leute fanden die Bilder eine Bereicherung, manche stellten ihretwegen eine leichte akustische Verbesserung fest, einige waren am Schluss der Kunstszene froh, dass die grossen Leinwände wieder abgehängt wurden.

Liebhaber von Malerei, fand ich den Versuch besonders aus theologischen und theologiegeschichtlichen Gründen spannend. Ein paar Jahre vorher war ich der Frage nachgegangen, warum in der Zürcher Reformation, anders als in Wittenberg, die Musik, sogar der Gesang und mit ihnen alle Kunst aus den Kirchen verbannt worden war. Ich glaubte den Grund in Zwinglis beziehungsweise Luthers theologischer Ausbildung zu finden. Die beiden waren in der mittelalterlichen, scholastisch genannten Theologie unterwiesen worden. Beide hatten von ihr gelernt, dass jedes menschliche Werk unter der Frage stehe, ob es seinem Täter zur Seligkeit oder zur Verdammnis gereiche. Jedoch hatten Luther wie Zwingli im Neuen Testament, insbesondere den Lehrbriefen des Apostels Paulus, vernommen, dass diese Frage angesichts der durch Jesus Christus verkörperten Gnade Gottes hinfällig sei. Soweit herrschte Übereinstimmung. Jedoch waren Zwingli und Luther in zwei unterschiedlichen Zweigen der scholastischen Theologie geschult worden, Zwingli in der Via Antiqua, dem sogenannten Realismus, Luther in der Via Moderna, dem sogenannten Nominalismus. Was die Verdienstlichkeit menschlicher Werke vor Gott betraf, hiess das: Für Nominalisten haftet diese Frage wie eine aufgeklebte Etikette am menschlichen Werk; die Etikette kann geändert werden. Für einen Realisten wie Zwingli jedoch hiess es: Die Frage des Verdienstes vor Gott steckt unablösbar im menschlichen Tun selbst und kann nicht davon getrennt werden.

Nun waren die mittelalterlichen Heiligenbilder tatsächlich unter dem Aspekt des Verdienstes vor Gott in die Kirchen gelangt. Paradebeispiel in Zürich ist die Wasserkirche, kurz vor der Reformation neu gebaut und reich ausgestaltet. Der etwas gar geschäftstüchtige Bürgermeister Hans Waldmann hatte sich damit ein Denkmal setzen und zugleich bei Gott gut Wetter machen wollen. Der unevangelische Verdienstgedanke hing in Zwinglis Augen so stark an den Bildern, dass sie entfernt werden mussten, wenn keine falsche Lehre entstehen sollte. Während die Lutheraner die Bilder liessen, wo sie waren, jedoch sozusagen neu etikettierten: Aus Opfergaben für Gott wurde das Lob von Gottes guten Taten. Der Rat von Zürich besorgte im Geist Zwinglis die Entfernung der Bilder aus den Kirchen. Und da man schon am Reinigen war, wischte man die Musik gleich mit aus, damit niemand auf die Idee komme, der Mensch könne sich singend oder malend oder Ablasszettel kaufend in Gottes Herz hineinschmuggeln.

Die Verbannung des Gesangs liess sich nicht lange durchhalten; das Singen biblischer Psalmen wurde auf Druck der Gemeinde bald wieder erlaubt. Andere Musik hingegen blieb in der Kirche tabu. Als im 18. Jahrhundert ein Ratsherr eine Hausorgel kaufte und erst bei Lieferung merkte, dass sie für sein eigenes Haus zu gross war, fragte er bei weltlicher und kirchlicher Obrigkeit an, ob er das Instrument auf die Empore der Kirche von Witikon stellen dürfe. Ja, antworteten Rat und Kirche, sofern es nicht im Gottesdienst gespielt werde.

Für Orgeln und Bilder begann erst im 19. Jahrhundert eine andere Zeit in Zürich. Aber kein Geringerer als Gottfried Keller, der nun wahrhaftig mit der Kirche nichts am Hut hatte, fühlte sich noch gedrängt, eine Novelle gegen malerischen Kirchenschmuck zu schreiben. Zwinglis Verdikt hat lange nachgehallt.19

Zuzugeben ist: Dieses Verdikt war ein theologischer Kurzschluss. Zwingli wollte verhindern, dass das Heil der Welt letztlich als menschliche Aufgabe verstanden und dadurch unmenschlich werde. Aber Altes und Neues Testament sagen deutlich genug, dass die Erlösung der Welt vom Bösen nur das Werk Gottes des Schöpfers selbst sein kann. Darum hängten wir 1992 Adam und Eva ohne Gewissensbelastung in die Predigerkirche.

Umgestaltete Kirchenräume [↑]

Der Umgang moderner Maler mit historischen Kirchen [↑]

Abbildung Antonierkirche Bern mit Gemälden Fritz Paulis. Aufnahme von 1941 Abbildung Antonierkirche Bern mit Gemälden Fritz Paulis. Aufnahme von 2021

Ein Paradebeispiel für die malerische Umgestaltung einer historischen Kirche in der Moderne ist der Zyklus, den Fritz Pauli (1891–1968) in den Kriegsjahren 1939 bis 1945 für das Berner Antoniterhaus (oder Antonierhaus, Antonierkapelle) geschaffen hat. Der seit der Säkularisierung der Kirche 1528 nicht mehr für Gottesdienste genutzte und jahrzehntelang lediglich als Geräteschuppen verwendete Raum wurde 1939/40 baulich äusserst schlicht als Kirchgemeindehaus des Berner Münsters hergerichtet.20 Die Bildelemente von Pauli haben ausser der Begrenzung der leeren Wandflächen, der Eingangstüre und den ehemaligen Chorfenstern kaum einen strukturellen Bezugspunkt. Da Pauli zudem auf eine Scheinarchitektur verzichtete, schweben seine Figuren frei in der Fläche. Halt gewinnen sie durch ihre formale Strenge, die oft die Waagrechte oder Senkrechte betont: gestreckte Engelsflügel, ein Bett, ein erhobener Zeigefinger etc. Die Malerei ist hier in keiner Weise historisierend und kann ohne Weiteres verglichen werden mit der Ausmalung einer modernen Kirche derselben Zeit, beispielsweise Richard Seewalds Gemälden von 1941/42 für Fritz Metzgers Maria-Lourdes-Kirche in Zürich.

Abbildung Kirche San Carlo Borromeo, Magadino, mit Gemälden von Richard Seewald. Aufnahme von 2020

Eine weniger puristische Variante stellt Richard Seewalds (1889–1976) Ausmalung der barocken Kirche San Carlo in Magadino von 1948 dar. Die in einem noch spürbar neusachlichen Verständnis umgesetzten Szenen ordnen sich der vorhandenen Ausstattung unter, die in ihrer Üppigkeit einen kräftigen malerischen Ausdruck zulässt. Auch hier sucht die Malerei die historische Referenz nicht. Traditionell ist Seewald lediglich in der Wahl der religiösen Symbolik.

Abbildung Kirche Herz Jesu in Zürich, mit Kreuzweg von Willi Helbling. Aufnahme von 2013

Willi Helblings (1920–2015) 1984/85 realisierter Kreuzweg für die mehrfach umgestaltete historistische Kirche Herz Jesu in Zürich orientiert sich ähnlich der Intervention Paulis in sehr einfacher Weise an der Waagerechten des Raums, aus der die Kreuze und Berge aufragen. Das rhythmisierte Band wächst sozusagen aus dem Boden heraus. Sie kontrapunktiert die verbliebenen architektonischen Elemente (vorallem die Fensteröffnungen) eher, als dass sie sich darauf bezieht.

In Deutschland ergab sich die Notwendigkeit zur Neugestaltung historischer Kirchen oft aus deren Zerstörung im Zweiten Weltkrieg und dem Willen, diese oft wertvollen und städtebaulich dominanten Bauwerke wenigstens äusserlich wiederherzustellen. Obwohl nur eingeschränkt mit einer künstlerischen Ergänzung eines bestehenden Kirchenraums vergleichbar, werden im Folgenden zwei prominente Beispiele mit hohem Symbolwert vorgestellt.

Abbildung Festsaal der Dreikönigskirche Dresden, mit Gemälde «Versöhnung» von Werner Juza. Aufnahme nach 2000

Werner Juza (1924–2022) schuf sein Gemälde «Versöhnung» 1989 bis 1990 für die Stirnwand eines zweigeschossigen Festsaals, der in den ehemaligen Kirchenraum der klassizistischen Dresdner Dreikönigskirche eingezogen wurde. Der Ausbau der 1945 ausgebombten Kirche wurde durch die Evangelische Kirche in Deutschland finanziert. Der neu geschaffene Kirchenraum wurde angelehnt an den ursprünglichen, viel grösseren, zurückhaltend historisierend gestaltet. Die vier eingezogenen Geschosse des «Haus der Kirche», eines Tagungszentrums mit weiteren Räumen für die Gemeindearbeit, setzte der Architekt Manfred Arlt modern um.21

Das Gemälde Juzas stellt gesellschaftliche Gewalt, Armut und Elend der Hoffnung und Anbetung des Kreuzes durch aufrecht gehende gerettete Menschen entgegen. Seine raumhohe Christusfigur ist eine ins Kreuz gequälte ausgemergelte Gestalt, ein Schmerzensmann im mittelalterlichen Sinne. Flammende Strukturen steigen vom Kreuz auf. Die figürliche Szenerie ist in eine strenge Flächendynamik eingebunden. Der an sich nüchterne, durch das Gemälde erhaben wirkende Raum diente 1990 bis 1993 dem neu geschaffenen Landesparlament Sachsens als Tagungsort.

Abbildung Wandelhalle der Paulskirche Frankfurt am Main, mit Gemälde «Zug der Volksvertreter» von Johannes Grützke

Die Frankfurter Paulskirche ist ein herausragendes Symbol der Deutschen Republik, obwohl sie seit ihrer Fertigstellung im Jahr 1833 bis zu ihrer Zerstörung 1944 fast ausschliesslich als Kirche diente. 1947 wurde sie unter der Leitung von Rudolf Schwarz (1897–1961) vereinfacht als Denkmal und Ausstellungsforum wiedererrichtet. Die ursprüngliche Halle wurde auch hier unterteilt. Auf ein Geschoss mit Diensträumen wurde eine Wandelhalle gestellt, über der sich die Ausstellungs- und Veranstaltungsräume befinden. Säulen rund um einen Zylinder erinnern an die Säulen, die den einstigen Kirchenraum umgaben. Diese Zylinderwand umlaufend schuf der Berliner Maler Johannes Grützke (1937–2017) ein karikierendes Bild eines «Zugs der Volksvertreter», die mehr mit sich selber als mit den sie umgebenden schrecklichen Ereignissen beschäftigt zu sein scheinen. In diesem Sinn handelt es sich eher um eine Schilderung eines heutigen Betriebs politischer Repräsentation als um ein Gedenken an die Deutsche Nationalversammlung von 1848 am selben Ort. Im nüchternen Setting von Schwarz schuf Grützke eine ironische Note mit einem Anflug von Entsetzen, die auch anlässlich einer aktuell anstehenden Sanierung wieder zu engagierten Kontroversen Anlass gibt.

Abbildung Templo Jesús Nazareno mit Gewölbeausmalung «Alegoría de Apocalipsis» von José Clemente Orozco Abbildung Biblioteca Miguel Lerdo de Tejada mit Wandbemalung «Revolución y elementos» von Vlady Kibalchich

Das Mutterland des Muralismus bietet auch hinsichtlich der Umgestaltung von (meist barocken) Kirchen Bemerkenswertes. José Clemente Orozco (1883–1949) schuf von 1941 bis 1944 mit seiner «allegorischen Apokalypse» in Jesús Nazareno im historischen Zentrum der Stadt Mexiko eine Totalausmalung, welche die Wände teppichartig überzieht und den Betrachter in ihren fieberhaften Strudel reisst. Die postmodernistische Variante einer solchen «Totalisierung» eines Raums befindet sich im ehemaligen Oratorio de San Felipe Neri «el Nuevo» wenige Strassen entfernt, heute genutzt von der Biblioteca Miguel Lerdo de Tejada. Das Prinzip lässt sich beinahe als Gegenstück der Gestaltung Paulis in Bern lesen. Der Raum wird lediglich noch von den historischen und neuen Architekturelementen stabil gehalten. Die explosiv wirkende zeichenhaft-abstrakte Malerei, die Vlady Kibalchich (1920–2005) zwischen 1974 und 1982 geschaffen hat, scheint nach grösstmöglicher Unordnung zu streben.

Abbildung Diego Rivera, Los elementos naturales en armonía con el hombre productor, Kapelle der Autonomen Universität von Chapingo, 1923–1927, Fresko

Eines der schönsten Werke der modernen mexikanischen Wandbildkunst ist die Ausmalung der Kapelle von Chapingo von Diego Rivera (1886–1957), die sogenannte «riveranische Sixtina», ausgeführt von 1923 bis 1927. Rivera gestaltete die barocke ehemalige Hauskapelle eines Gutsbesitzers (seit der Verstaatlichung des Guts Teil einer landwirtschaftliche Versuchsanstalt) in eine Lobpreisung des agrarischen und sozialen Fortschritts um, wobei die Erde selbst (in Gestalt der schwangeren Lupe Marín, der damaligen Ehefrau des Künstlers) den Platz der Muttergottes und der rote Stern denjenigen des Kreuzes einnimmt. Die Malerei betont architektonische Elemente wie die Gewölberippen oder schafft solche zum Schein wie die Bildfelder an den Seitenwänden, während die runden Fensteröffnungen gestalterisch überspielt werden. Das Ergebnis ist ein Raum, der seine Zugehörigkeit zur Jetztzeit (der 1920er-Jahre) genauso verrät wie diejenige zum Barock, und der sakral und weltlich zugleich wirkt.

«Kunstort: Kirche» [↑]

Der Themenschwerpunkt «Kirche» der «kunstszene 91+92» zeigte eine grosse Bandbreite von Möglichkeiten auf, künstlerisch auf Kirchen einzugehen. Kaum eine Arbeit versuchte, explizit religiöse Inhalte zu vermitteln. Bei vielen war jedoch der Ansatz zu erkennen, überzeitliche oder allgemein menschliche Themen in Bezug zu kirchlichen Formen zu setzen, anders ausgedrückt: die Kirche künstlerisch «zu nutzen». Leider wurden die Beiträge in einem Faszikel lediglich aufgelistet und in der Publikation von 1993 kaum vorgestellt. Die stellvertretend aufgeführten Beispiele wurden durch die Künstler selber inzwischen online oder in Buchform dokumentiert oder kommen in der einzigen vorhandenen Rezension von 1992 vor.22

Abbildung Kurt Plaas, 11 Hüllenbilder, Grossmünsterkreuzgang Zürich, 1992 Abbildung Daniel Diggelmann, Lichtinstallation, Augustinerkirche Zürich, 1992

Manon (* 1946) installierte symmetrisch zum Altar der Fraumünsterkirche zwei Stelen, die Leben und Tod symbolisierten. Die antitraditionalistische Readymade-Ästhetik der Anordnung von Sand, einem Straussenei, Satinpolstern und weiteren Objekten wurde aufgefangen durch deren strenge, dramatisierende Präsentation, die, Reliquiaren vergleichbar, eine höhere Bedeutung in Anspruch nahm. In der Krypta des Grossmünsters holte die Bildhauergruppe ZEF (Werner Jans, Hans Bach, Victor Bächer und Erich Sahli) mit ihrem (hölzernen) Würfel, der rundum figürliche Darstellungen zeigte, via dessen Ähnlichkeit mit einem Taufstein traditionelle Erwartungen ab. Kurt Plaas (* 1945) wiederum fügte seine verrätselten, dinglich wirkenden Gemälde in den Grossmünster-Kreuzgang ein, als wären sie Portraits von Heiligen oder religiöse Darstellungen. Daniel Diggelmanns (* 1954) Lichtinstallation in der Augustinerkirche wiederum schuf nicht mehr und nicht weniger als einen Nimbus, ganz ohne Anlehnung an in Kirchen gebräuchliche Kunstformen. Ganz allgemein legen die wenigen Beispiele offen, wie am Ende des 20. Jahrhunderts künstlerische Anordnungen ohne Weiteres an die Stelle religiöser Andachtssituationen treten konnten, und dies durchaus mit analogen Mitteln.

Ringen um den Kirchenraum [↑]

Breit bekannt wurde der Konflikt, den die Biennale Venedig-Teilnahme von Pipilotti Rist (* 1962) 2005 nach sich zog.23 Die Videoprojektion an die Decke der Kirche San Staë zeigte durch Spiegeleffekte und eine übersteigerte Farbigkeit verfremdete Körperdetails zweier nackter Frauen inmitten von Pflanzen. Die Arbeit überspannte die Toleranz von Kirchgängern und führte zur vorzeitigen Schliessung der (gut besuchten) Ausstellung. Auch an der oben erwähnten Installation Manons störten sich Gläubige. Stein des Anstosses war hier ein Gandhi-Zitat auf einer Plakette, das als «unchristliche Aussage» aus der Kirche entfernt werden musste, obwohl es den Schlüssel für das Verständnis der Installation bot.24

Die Fälle dokumentieren, wie bei der Verschiebung von Kult- zu Kulturraum auch heute noch um die Grenze des Zulässigen gerungen wird.25

Biografien [↑]

Balz Baechi [↑]

Abbildung Balz Baechi

7.11.1937Geburt in Zürich als erstes von vier Kindern des Rechtsanwalts Walter Baechi und von Luisa («Luisita») Pardo de Leygonier, Abkömmling einer weitverzweigten französisch-spanischen Familie. Baechi wächst in Zollikon am Zürichsee auf.
seit 1947Lebenslang aktiv als Querflötist. Erster Auftritt als Solist 1954
1956Matura in Zürich (mit Latein). Spricht und schreibt deutsch, englisch, französisch, spanisch und italienisch
1958–1961Grafikerlehre bei Hannes Looser in Zürich
1959–1961Militärdienst bis zum Leutnant der Gebirgsinfanterie. Alpinistisch aktiv bis 1979
1962–1964In Paris selbständig als Grafiker tätig. Pflegt dort viele Kontakte zu Künstlern.
1964Heirat mit der Modedesignerin Isabel Pardo de Leygonier (1926–2019). Das Paar bleibt kinderlos.
1964–1966Art Director in New Yorker Werbeagenturen
1966–1990Freischaffender Grafiker und Zeichner («quer durch die Schweizer Presse») in Zürich. Cartoons, Comics, politische Karikatur. Plakatgestaltung, Textildesign, Film- und Fernsehgrafik. Buchillustration und Covers. Ein grosses Oeuvre bilden die Illustrationen zu Theaterkritiken im Tages-Anzeiger (vgl. Literatur).
1970–1972Gesamtgestaltung der Ausstellungen «Illusionen» und «Zürich panoptisch» im Helmhaus Zürich
1977Erste Ausstellung von Gemälden (zusammen mit der Fotografin Verena Eggmann): zeigt 27 gemalte und fotografierte Portraits (u.a. von H.R. Giger und Max Bill) im Kunsthaus Zürich. Danach zahlreiche Galerieausstellungen. Baechi verkauft jedoch aus Überzeugung keine Bilder.
1986–1989Lanciert und führt die Kampagne zur Ausräumung des Chors der Predigerkirche, zusammen mit Magdalen Bless-Grabher, Hans Georg Lüchinger, Annelies Schüepp, Hans Georg Lüchinger, Urs Probst, René Wehrli, Martina Wehrli-Johns
1992Teilnahme an «kunstszene 91+92» mit der Ausstellung von fünf Gemälden in der Zürcher Predigerkirche
2000Gründung der Isabel & Balz Baechi-Stiftung zur Erhaltung von Wandmalerei
2002–2009Restaurierungsprojekt in Guge, Westtibet. Seither weitere Projekte in Deutschland, Italien, und der Schweiz
2004Portrait des Zürcher Regierungsratspräsidenten Christian Huber
2012Initiiert und finanziert die Restaurierung von Fresken und einer früheren Farbgebung der Collegiata di San Giovanni Battista von Gerolamo Quadrio in Morbegno (Veltlin)
2017Einzelausstellung im Kunstzeughaus Rapperswil
2018Die Isabelle & Balz Baechi-Stiftung beauftragt den Bau eines vielbeachteten und preisgekrönten Mehrfamilienhauses von Gus Wüstemann in Zürich-Albisrieden.
2022Retrospektive Einzelausstellung in der Villa Meier-Severini in Zollikon
2023Ausstellung «Doppelspur: Figuration – Abstraktion» in Zürcher Predigerkirche

Andrea Muheim [↑]

Abbildung Andrea Muheim

6.6.1968Geburt in Zürich als Tochter von Martin Muheim und Imelda Muheim, geb. Zwicker. Schwester von Beat Muheim. Andrea Muheim wächst in Oberhasli im Zürcher Unterland auf.
1988Lehramtsmatur in Bülach ZH
1988/89Vorkurs der Schule für Gestaltung Zürich
1989–1991Fachklasse für freie Kunst an der Schule für Gestaltung Bern
seit 1990Gruppenausstellungen in der Schweiz, Deutschland, Österreich und England
seit 1992Einzelausstellungen in Bern, Zürich, Basel, Sils Maria, Fribourg, Eglisau, Altdorf und auf dem Splügenpass
1993–2019Veranstalterin von Kunstkursen und Workshops
1995Kunstpreis Zollikon
1994–2020Dozentin an öffentlichen und privaten Kunstschulen
1997Werkjahr der Kunst- und Kulturstiftung Heinrich Danioth, Altdorf UR
1998Geburt des Sohnes Miro
2002–2016Beteiligung an Kunstmessen in Zürich, Berlin, London, Seoul
2011Werkbeitrag Esther Matossi-Stiftung, Zürich; Werkankauf Kunst- und Kulturstiftung Heinrich Danioth, Altdorf UR
2012Mitarbeit im Haus Konstruktiv
2015Werkbeitrag der Steo-Stiftung, Zürich
2018/19Ausstellungskuratorium der Villa Renata, Basel
2020Portrait der Zürcher Regierungsratspräsidentin Carmen Walker-Späh
2021Kunstpreis der Keller-Wedekind-Stiftung
2022Ausstellung zum Gesamtwerk in der Villa Renata in Basel. Es erscheint ein umfassender Werkkatalog.
14.6.2023Stirbt infolge einer Krebserkrankung in Zürich.

Anmerkungen [↑]

  • 1 Urs Jäggin, Dölf Wild, Die Zürcher Predigerkirche. Wichtige Etappen der Baugeschichte, Zürich, 2006.
  • 2 Peter Killer, «Zürcher Kirchen», in: züri-tip, 19.6.1992, S. 43. - U. Fr., «Die Kirche als Ausstellungsraum. Eine Aktion der Kunstszene Zürich», in: Neue Zürcher Zeitung, 24.6.1992, S. 50.
  • 3 msh., «In der Berner Dampfzentrale: Ausstellung der Fachklasse Freie Kunst der Schule für Gestaltung. Aus der Enge in die Weite führen», in: Der Bund, 2. Mai 1991, S. 34.
  • 4 Martina Wehrli-Johns, «Zur Baugeschichte der Predigerkirche», in: Arbeitsgruppe Predigerchor (Hg.), Zürcher Predigerchor. Vergangenheit – Gegenwart – Zukunft, Zürich 1987 (nachfolgend: Arbeitsgruppe Predigerchor 1987), S. 23–33, dort insbesondere S. 28.
  • 5 Niklaus Oberholzer, «Malen als eine Form intimer Zwiesprache», in: Neue Luzerner Zeitung, 9.4.1997, S. 38.
  • 6 Yvonne Türler-Kürsteiner, «Quest of Freedon – Suche nach Freiheit», in: Quest of Freedom [Ausstellungskatalog], Erlenbach 2015.
  • 7 Balz Baechi, Balz Baechi – Werkdokumentation, Mönchaltorf 2015. - Balz Baechi (Hg.), Ute Christiane Hoefert, Balz Baechi – Bilder, Zürich 2017. - «Balz Baechi. Werke 1968–2018», Fabian & Claude Walter Galerie Zürich, Gastausstellung 17.1.–16.2.2019, https://fabian-claude-walter.com/exhibition/balz-baechi/works/ (Zugriff am 12.11.2022).
  • 8 Balz Baechi, Hans Hollmann et al., Theater in Sicht. Zeichnungen aus der Zeitung 1961–1988, Zürich 1988.
  • 9 m.fr., «KünstlerInnen machen Szenen», in: Neue Zürcher Zeitung, 5.12.1991, S. 51.
  • 10 Christine Hunold et al., kunstszene 91+92, Zürich 1993. - fbr. [Fritz Billeter], «Selbstgemacht. Kunstszene im Buch», in: Tages-Anzeiger, 6.1.1994.
  • 11 «Zürcher Predigerchor im Gespräch. Private Kreise für Freilegung», in: Neue Zürcher Nachrichten, 24.4.1986, S. 1. - tg., «Chancen für Freilegung gestiegen. Viele Fragen um den Predigerchor bleiben vorläufig offen», in: Neue Zürcher Nachrichten, 21.6.1986, S. 3. - Hans Georg Lüchinger, «Der Predigerchor und die Zentralbibliothek», in: Neue Zürcher Zeitung, 22.9.1986, S. 32. - Hans Georg Lüchinger, «Arbeitsgruppe Predigerchor dankt und berichtigt», in: Neue Zürcher Zeitung, 10.3.1987, S. 51. - wsp., «Patronatskomitee für den Predigerchor. Monographie und Streitschrift von der Arbeitsgruppe», in: Neue Zürcher Zeitung, 24.6.1987, S. 55. - Martina Wehrli-Johns, «Ein Entscheid für spätere Generationen», in: Neue Zürcher Zeitung, 29.9.1987, S. 55. - Erika Seeger, «Predigerchor – Zeuge der Bibliotheksgeschichte», in: Neue Zürcher Zeitung, 15.10.1987, S. 56. - Magdalen Bless, Annelies Schüepp, «Mangelnde Objektivität und Meinungsmache. Stellungnahme zur Weisung des Zürcher Stadtrates zum Predigerchor», in: Neue Zürcher Nachrichten, 11.8.1988, S. 3.
  • 12 René Wehrli, «Dialog mit der Predigerkirche», in: Arbeitsgruppe Predigerchor 1987, S. 47–58, dort S. 54.
  • 13 Ferdinand Vetter (1847–1924) äusserte bereits 1913: «Unsere Zeit verträgt je länger, je weniger die Entstellung und Vergewaltigung des guten Alten und wird es früher oder später wieder ans Licht und zu Ehren ziehen. Aber will man wirklich in Zürich auf den Genuss eines solchen Raumes noch jahrzehntelang verzichten und mit grossen Kosten darin Backsteinwände und Eisengestelle errichten, Zementmauern und Tafelglas in die hohen Fenster einsetzen und den sicher noch vorhandenen Innenschmuck auf alle Weise schädigen, um in dreissig oder fünfzig Jahren alles unter dem Hohn der Nachwelt wieder herausreissen zu lassen?». Vgl. Magdalen Bless-Grabher, «Weg-Etappen», in: Arbeitsgruppe Predigerchor 1987, S. 71–78, dort S. 72. Linus Birchler (1893–1967) wiederum befand 1948: «Welchem Menschen mit auch nur etwas Kunstsinn schneidet es nicht recht eigentlich ins Herz, wenn er sieht, wie der schönste hochgotische Bau Zürichs, das Chor der Predigerkirche, das 1917 für kurze Zeit in der ganzen Höhe zur Wirkung kam, nun für alle Zeiten durch den Einbau von sechs Zwischenböden zerstört ist?». Vgl. Linus Birchler, Restaurierungspraxis und Kunsterbe in der Schweiz, Zürich 1948, S. 50.
  • 14 Urs Probst, «Stellungnahme zum akustischen Gutachten», in: Arbeitsgruppe Predigerchor 1987, S. 86–88. - Urs Probst, «Musik und Raum», in: Arbeitsgruppe Predigerchor 1987, S. 94–97.
  • 15 ba., «Zürcher Kantonsrat für Ausräumung des Predigerchors», in: Neue Zürcher Nachrichten, 21.3.1989, S. 1. - dvz., «Die Kirche entrümpeln. Zürcher Kantonsrat ist für die Freilegung des Predigerchors», in: Der Bund, 3.4.1989, S. 9.
  • 16 Hon., «Eine Chance vertan», in: Neue Zürcher Zeitung, 25.9.1989, S. 29.
  • 17 Sic!
  • 18 Gespräch mit Martha Bächer, 23.11.2022.
  • 19 Gottfried Keller, Das verlorene Lachen, Stuttgart 1874.
  • 20 Paul Hofer, Luc Mojon, Die Kirchen der Stadt Bern. Antonierkirche, Französische Kirche, Heiliggeistkirche und Nydeggkirche. Die Kunstdenkmäler des Kantons Bern, Band V, Basel 1969.
  • 21 Rainer Fisch, Umnutzung von Kirchengebäuden in Deutschland. Eine kritische Bestandsaufnahme, Bonn 2008, S. 44–45.
  • 22 Dieter Rüttimann, «Kunstort Kirche, eine Ausstellung. Kunst im Zwiegespräch mit dem Raum», Altstadtkurier, Juli 1992.
  • 23 ii., «Ausstellung von Pipilotti Rist vorzeitig geschlossen», in: Neue Zürcher Zeitung (online), 22.9.2005, https://www.nzz.ch/newzzEDWWO9K8-12-ld.360803 (17.2.2023).
  • 24 Gemäss Aussage der Künstlerin, Februar 2023. Vgl. auch «Das Leben. Der Tod», auf: http://www.manon.ch/das-leben-der-tod-1 (27.2.2023).
  • 25 Ausserdem zum Thema: Johannes Rauchenberger, «Durchkreuzte Schönheit. Zeitgenössische Kunst im kirchlichen Kontext?», in: Herder Korrespondenz 1.2012 «Irritierende Schönheit. Die Kirche und die Künste», S. 49–53.

Literatur [↑]

«kunstszene zürich 91+92», «Kunstort: Kirche»

  • Edith Krebs, «Kunst in Zürich», in: Robert Fischer, Pidu P. Russek (Hg.), Kunst in der Schweiz, Köln 1991, S 139–154.
  • m. fr., «KünsterInnen machen Szenen», in: Neue Zürcher Zeitung, 5.12.1991, S. 51.
  • Peter Killer, «Zürcher Kirchen» [Kunstweg durch acht Zürcher Kirchen], Züri-Tipp, 19.6.1992, S. 43.
  • U. Fr., «Die Kirche als Ausstellungsraum. Eine Aktion der Kunstszene Zürich», Neue Zürcher Zeitung, 24.6.1992, S. 50.
  • Dieter Rüttimann, «Kunstort Kirche, eine Ausstellung. Kunst im Zwiegespräch mit dem Raum», Altstadtkurier, Juli 1992.
  • U. Fr., «Der Wirklichkeit ins Auge sehen. Aktionen der Kunstszene Zürich Part II», in: Neue Zürcher Zeitung, 2.7.1992, S. 47.
  • Christine Hunold et al., Kunstszene 91 + 92, Zürich 1993.
  • fbr [Fritz Billeter], «Selbstgemacht. Kunstszene im Buch», Tages-Anzeiger, 6.1.1994.

Predigerkirche Zürich, Predigerchor

  • «Zürcher Predigerchor im Gespräch. Private Kreise für Freilegung», in: Neue Zürcher Nachrichten, 24.4.1986, S. 1.
  • tg., «Chancen für Freilegung gestiegen. Viele Fragen um den Predigerchor bleiben vorläufig offen», in: Neue Zürcher Nachrichten, 21.6.1986, S. 3.
  • Hans Georg Lüchinger, «Der Predigerchor und die Zentralbibliothek», in: Neue Zürcher Zeitung, 22.9.1986, S. 32.
  • Hans Georg Lüchinger, «Arbeitsgruppe Predigerchor dankt und berichtigt», in: Neue Zürcher Zeitung, 10.3.1987, S. 51.
  • wsp., «Patronatskomitee für den Predigerchor. Monographie und Streitschrift von der Arbeitsgruppe», in: Neue Zürcher Zeitung, 24.6.1987, S. 55.
  • Martina Wehrli-Johns, «Ein Entscheid für spätere Generationen», in: Neue Zürcher Zeitung, 29.9.1987, S. 55.
  • Erika Seeger, «Predigerchor – Zeuge der Bibliotheksgeschichte», in: Neue Zürcher Zeitung, 15.10.1987, S. 56.
  • Magdalen Bless, Annelies Schüepp, «Mangelnde Objektivität und Meinungsmache. Stellungnahme zur Weisung des Zürcher Stadtrates zum Predigerchor», in: Neue Zürcher Nachrichten, 11.8.1988, S. 3.
  • René Wehrli, «Dialog mit der Predigerkirche», in: Arbeitsgruppe Predigerchor (Hg.), Zürcher Predigerchor. Vergangenheit – Gegenwart – Zukunft, Zürich 1987 (nachfolgend: Arbeitsgruppe Predigerchor 1987), S. 47–58.
  • Urs Probst, «Stellungnahme zum akustischen Gutachten», in: Arbeitsgruppe Predigerchor 1987, S. 86–88.
  • Urs Probst, «Musik und Raum», in: Arbeitsgruppe Predigerchor 1987, S. 94–97.
  • ba., «Zürcher Kantonsrat für Ausräumung des Predigerchors», in: Neue Zürcher Nachrichten, 21.3.1989, S. 1.
  • dvz., «Die Kirche entrümpeln. Zürcher Kantonsrat ist für die Freilegung des Predigerchors», in: Der Bund, 3.4.1989, S. 9.
  • Hon., «Eine Chance vertan», in: Neue Zürcher Zeitung, 25.9.1989, S. 29.
  • Urs Jäggin, Dölf Wild, Die Zürcher Predigerkirche. Wichtige Etappen der Baugeschichte, Zürich 2006.

Umnutzung und Umgestaltung von Kirchen

  • Paul Hofer, Luc Mojon, Die Kirchen der Stadt Bern. Antonierkirche, Französische Kirche, Heiliggeistkirche und Nydeggkirche. Die Kunstdenkmäler des Kantons Bern, Band V, Basel 1969.
  • Rainer Fisch, Umnutzung von Kirchengebäuden in Deutschland. Eine kritische Bestandsaufnahme, Bonn 2008.
  • Angelika Büchse, Herbert Fendrich, Philipp Reichling, Walter Zahner (Hg.), Kirchen. Nutzung und Umnutzung. Kulturgeschichtliche, theologische und praktische Reflexionen, Münster 2012.
  • Herder Korrespondenz 1.2012 «Irritierende Schönheit. Die Kirche und die Künste», Freiburg im Breisgau 2012.
  • Verena Gantner, René Hartmann, Stefan Krämer, Tino Mager, Kichengebäude und ihre Zukunft. Sanierung – Umbau – Umnutzung, Ludwigsburg 2017.
  • werk, bauen + wohnen 11.2019 «Kirchen neu nutzen. Was tun mit leeren Kirchen?», Zürich 2019.
  • Elisabeth Beusker (Hg.), Umnutzung von Kirchen. Beispiele aus Nordrhein-Westfalen, Göttingen 2021.
  • «Kirchenschliessung», in: Wikipedia, https://de.wikipedia.org/wiki/Kirchenschlie%C3%9Fung (17.2.2023)

Zeitenwende 1990

  • David de Pury, Heinz Hauser, Beat Schmid (Hg.), Mut zum Aufbruch. Eine wirtschaftspolitische Agenda für die Schweiz, Zürich 1995.
  • Bundesamt für Sozialversicherungen, «Deregulierung, Ökonomisierung, Umbau: Sozialstaatsdebatten seit den 1990er-Jahren», in: Geschichte der sozialen Sicherheit in der Schweiz, 2020, https://www.geschichtedersozialensicherheit.ch/synthese/1990-2000 (17.2.2023)

Andrea Muheim

  • msh., «In der Berner Dampfzentrale: Ausstellung der Fachklasse Freie Kunst der Schule für Gestaltung. Aus der Enge in die Weite führen», in: Der Bund, 2. Mai 1991, S. 34.
  • Balz Baechi, Andrea Muheim. Laudatio anlässlich der Verleihung des Zolliker Anerkennungspreises vom 26. März 1995, März 1995.
  • Niklaus Oberholzer, «Malen als eine Form intimer Zwiesprache», in: Neue Luzerner Zeitung, 9.4.1997, S. 38.
  • Yvonne Türler-Kürsteiner, «Quest of Freedon – Suche nach Freiheit», in: Quest of Freedom [Ausstellungskatalog], Erlenbach 2015.
  • Irène Unholz: «Andrea Muheim». In: SIKART Lexikon zur Kunst in der Schweiz, 2022, https://recherche.sik-isea.ch/sik:person-4032504/in/sikart (10.2.2023)
  • Mirjam Fischer, Aude Lehmann (Hg.), Andrea Muheim. Malerei als Selbstgespräch, Wien 2022.

Balz Baechi

  • Balz Baechi, Hans Hollmann et al., Theater in Sicht. Zeichnungen aus der Zeitung 1961–1988, Zürich 1988.
  • Balz Baechi, Balz Baechi – Werkdokumentation, Mönchaltorf 2015.
  • Balz Baechi (Hg.), Ute Christiane Hoefert, Balz Baechi – Bilder, Zürich 2017.
  • bms., «Zwischen nackter Haut und historischen Fresken», in: Zolliker Zumiker Bote (online), 26.1.2017, https://archiv.zolliker-zumiker.ch/2017/01/4-2017-zwischen-nackter-haut-und-historischen-fresken/ (17.2.2023).
  • Claude Walter Galerie Zürich, Gastausstellung 17.1.–16.2.2019, https://fabian-claude-walter.com/exhibition/balz-baechi/works/ (12.11.2022).
  • Balz Baechi (Hg.), Carole Kambli, Balz Baechi – Aktmalerei, Zürich 2025.

Zitierweise

Alex Winiger, Die Wandgemäldezyklen von Balz Baechi und Andrea Muheim in der Zürcher Predigerkirche. Eine Installation anlässlich der Kunstszene Zürich 1992, Zürich 2023, https://www.mural.ch/index.php?kat_id=t&id2=98.